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Leseprobe
Kolberg, Tatjana u.a. (HG.):
Phänomen Sprache. Laut- und Schriftsprachstörungen
unter veränderten Kommunikationsbedingungen.
(Seite 1)
Aus:
Otto Braun: Zum Wandel der Sprachheilpädagogik
1 Einleitung
Angesichts der vielen wissenschaftsgeschichtlichen Daten und gesellschaftsrelevanten
Ereignisse im Kontext 500 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
nehmen sich die beiden historischen Daten der Sprachheilpädagogik
- die Gründung der ersten Sprachheilschule in Halle a.S. im
Jahre 1910 und die Gründung der Arbeitsgemeinschaft für
Sprachheilpädagogik im Jahre 1927 in Hamburg relativ bescheiden
aus. Dennoch sind beide Gründungen von größter fachgeschichtlicher
Bedeutung; erfolgten doch damit zwei bedeutsame fachliche Institutionalisierungen:
Die schulische Institutionalisierung der pädagogischen Sprachtherapie
und die Organisation der an Rehabilitation und Förderung Sprachbehinderter
interessierten und sich verantwortlich fühlenden Lehrer, Ärzte
und Schulaufsichtsbeamten.
Ab Ostern 1910 werden in Halle a.S. zwei Sprachheilklassen für
Schulanfänger und ab Ostern 1911 eine Sprachheilklasse für
Kinder des 2. Schuljahres in drei verschiedenen Volksschulen eröffnet.
Aus ihnen entwickelt sich durch kontinuierlichen Aufbau der Klassenstufen
bis zum Jahre 1926 die erste vollständig ausgebaute Sprachheilschule
in Deutschland.
Dann findet in Halle a.S. vom 23. bis 25. Mai 1929 die erste Fachtagung
der Arbeitsgemeinschaft für Sprachheilpädagogik mit Unterstützung
der halleschen Schulverwaltung zum Thema "Das sprachkranke
Kind" statt, die in einem informativen Bericht von E. Hasenkamp
(1930) dokumentiert wird. Zum ersten Mal versammelt sich die science
community der Sprachheilpädagogik mit nahezu 300 Teilnehmern
aus allen Teilen Deutschlands.
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