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Leseprobe
Lüdtke, Ulrike (Hg.):
Fokus: Mensch. Subjektzentrierte Unterrichts- und Therapiemodelle
in der Sprachbehindertenpädagogik. Würzburg 2004.
(Seite 141)
Hacker,
Detlef:
S-Bahn ist keine Essbahn - Kritische Anmerkungen zum Training phonologischer
Bewusstheit.
Die
Ergebnisse der PISA-Studie (Baumert et al. 2001) haben in verschiedenen
Bundesländern nachhaltig Aktivitäten ausgelöst, um
die Voraussetzungen für den Erwerb der Schriftsprache bei Kindern
zu verbessern. Dass diese Anstrengungen großenteils eher aktionistischen
Charakter tragen, sei nur am Rande bemerkt. Wichtiger erscheint es,
der Frage nachzugehen, welche Lerninhalte für Kinder im Vorschulalter
in besonderer Weise geeignet sind, die Vorbereitung auf das Lesen
und das Schreiben zu optimieren. Vor zwanzig Jahren hätte die
Lösung vermutlich gelautet, sich intensiv mit der Entwicklung
der visuellen Wahrnehmung und der Visuomotorik zu befassen. Heute
steht eher der auditive Aspekt im Vordergrund des Interesses. Denn
unstrittig hat die internationale Forschung wesentliche Erkenntnisse
vorgetragen, die das Konstrukt der phonologischen Bewusstheit als
eine wichtige Variable bei der erfolgreichen Aneignung von Schriftsprache
ansehen lassen.
Eine einheitliche Definition von phonologischer Bewusstheit liegt
bis heute nicht vor. Übereinstimmung besteht in der grundlegenden
Auffassung, dass es sich bei diesem Konstrukt um die Fähigkeit
handelt, von der Bedeutung sprachlicher Einheiten zu abstrahieren
und sich mit formalen Aspekten der lautlichen Struktur einer Sprache
zu befassen. Ein gezieltes Training von Aufgaben, die phonologischer
Bewusstheit zugeordnet werden, erscheint grundsätzlich geeignet,
die Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb zu verbessern
(cf. Küspert 1998). Daran rütteln auch nicht die in mancher
Hinsicht desillusionierenden Ergebnisse über den langfristigen
Effekt eines Trainings phonologischer Bewusstheit, wie Hartmann (2002)
dies vorträgt. Eher sollten seine Ergebnisse Anlass und Aufforderung
zugleich sein, die Diskussion um phonologische Bewusstheit kritisch
zu begleiten und sich den neu stellenden Fragen konstruktiv zu stellen.
Dies gilt in gleichem Maße für die Bedeutung phonologischer
Bewusstheit bei kindlichen Aussprachestörungen.
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